Informationen zum Heeressanitätswesen der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg

Illustration einer Krankenschwester mit grauer Schwesterntracht und weißer Schürze. Sie trägt eine weiße Haube sowie Armbinde mit rotem Kreuz und hält eine Bahre mit Holzgestell und braunem Stoff, auf dem ein rotes Sanitätskreuz aufgedruckt ist.
Krankenschwester mit Bahre | pixabay-prettysleepy

In unserem neu gestarteten Blog geben wir euch Einblicke in unsere Arbeit und teilen Hintergrundwissen zu verschiedenen Begriffen und Themen unserer Romane. Damit versteht ihr die Zusammenhänge noch besser als durch die reine Lektüre des Romans und könnt mit eurem Wissen glänzen.

 

Den Start für diesen Blog macht »Hanna« mit Erläuterungen zum Heeressanitätswesen der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg und der Erklärung, warum während des Kriegsverlaufs von den ursprünglichen Plänen abgewichen wurde.

 

Hanna war als Krankenschwester in einer Krankensammelstelle eingesetzt. Wozu eine Krankensammelstelle diente und wo im Kriegsgebiet sie sich befand, erfahrt ihr in diesem Blogbeitrag.

 

Um uns einen allgemeinen Überblick zu verschaffen und bevor wir zur Krankensammelstelle kommen, fangen wir am besten erst mal ganz vorne an: an der Front. In unmittelbarer Nähe zum Kampfgebiet befanden sich in gedeckter Lage das sogenannte Verwundetennest und der Truppenverbandplatz.

 

Sanitätspersonal der Kompanie oder des Zuges richtete das Verwundetennest ein und nahm an den Verwundeten, die von Sanitätern und ggf. Hilfskrankenträgern hierhergebracht wurden, erste lebensrettende Maßnahmen vor, wie z. B. die Stillung starker Blutungen, etwa durch Druckverbände oder Abbinden von Gliedmaßen, und das Anlegen von Notverbänden. Von hier aus erfolgte die Weiterleitung zum Truppenverbandplatz. Verwundete, die noch marschfähig waren, gingen zu Fuß dorthin, die anderen wurden per Sanitätskraftwagen oder Pferdefuhrwerk transportiert.

 

 

Oftmals kamen so viele Verwundete innerhalb eines kurzen Zeitraums bei den Verbandplätzen an, dass die Grenzen des Machbaren schnell erreicht waren – ob personell oder materiell. In solchen Fällen mussten die Sanitätskräfte Triage betreiben und die Verletzten nach Dringlichkeit und Prognose priorisieren – diejenigen Verwundeten, die bessere Aussicht auf Wiederherstellung hatten (und somit auf Wiederverwendung im Kriegseinsatz), wurden dann vorrangig behandelt.

 

Im Bild zu sehen ist ein Stapel von Begleitzetteln für Verwundete aus der zeit des Zweiten Weltkriegs. Die Farbe der Zettel ist beige, die seitlichen Ränder sind mit rotem Streifen eingefasst. Auf dem Zettel ist PLatz für Eintragungen zum Verwundeten
Begleitzettel für Verwundete und andere chirurgisch zu Behandelnde | Herkunft/Rechte: Deutsch-Russisches Museum Berlin-Karlshorst / Thomas Bruns (RR-P)

Jeder Verwundete erhielt am Truppenverbandplatz einen sogenannten Verwundetenzettel (siehe Bild) – bei der ärztlichen Erstversorgung gut sichtbar am Verwundeten befestigt. Dies war ein Begleitzettel für Verwundete und andere chirurgisch zu Behandelnde, auf dem die Verletzungen und bereits getroffenen medizinischen Maßnahmen vermerkt wurden und anhand dessen Rändern jeder sofort erkannte, wie es um den Kameraden stand:

 

 

·        ohne Farbstreifen: marschfähig

 

·        1 roter Streifen: transportfähig

 

·        2 rote Streifen: nicht transportfähig

 

 

 

Verwundete, deren Transportfähigkeit nicht wiederhergestellt werden konnte (oder deren Behandlung aufgrund von Triage nach hinten verschoben wurde), verblieben zum Sterben an Ort und Stelle, meist jedoch abgesondert, um Kameraden von diesem Anblick zu verschonen. Die Transportfähigen wurden zum Hauptverbandplatz weitergeleitet, der in einer Entfernung von bis zu 10 km hinter der Gefechtslinie lag. Hier erhielten die Verwundeten eine eingehendere ärztliche Versorgung, auch dringend notwendige Operationen unter Vollnarkose konnten hier vorgenommen werden. Nach möglichst kurzem Aufenthalt ging es für die Leichtverletzten meist direkt wieder an die Front, die schwerer Verletzten wurden ins Feld- oder ins Kriegslazarett, auch Krankensammelstelle genannt, weitergeleitet.

 

 

Im späteren Kriegsverlauf, zu dem man auch die Zeit von Hanns Einsatz zählen kann, wurden die Zustände zunehmend chaotisch. Besonders während der Schlacht um Stalingrad gab es zu viele Verwundete, die nicht mehr ordnungsgemäß versorgt werden konnten, weil die Kapazitäten in den Verbandplätzen oft erschöpft waren oder keine Verbandplätze mehr existierten. Die Verwundeten kamen dann von der ersten notdürftigen Versorgung oder von der Front direkt in ein Feld- oder Kriegslazarett. Diese lagen zwischen 20 und mehreren hundert Kilometern hinter der Gefechtslinie.

 

 

Eine Krankensammelstelle diente ursprünglich der weiteren kurzen Versorgung und Sammlung von Verwundeten mit einem Aufenthalt von maximal 2-3 Tagen, um sie von da aus, ihren Verletzungen und Krankheitsbildern entsprechend sortiert, per Lazarettzug oder Flugzeug in Reservelazarette außerhalb des Kriegsgebietes in die Heimat zu verlegen.

 

Mit Voranschreiten des Krieges lagen die ursprüngliche Planung und die harte Realität immer weiter auseinander. Wie ihr im Roman »Hanna« erfahren habt, übernahm die Krankensammelstelle, in der Hanna eingesetzt war – und sicherlich auch viele weitere Krankensammelstellen –, zunehmend die Aufgaben eines Haupt- und oft auch des Truppenverbandplatzes.

 

Die Gewichtung der Sanitätseinheiten auf einen Blick zusammengefasst:

 

→ Verwundetennest (in direkter Frontnähe)– lebensrettende Erstversorgung

→ Truppenverbandplatz

→ Hauptverbandplatz (wenige km hinter der Gefechtslinie) – dingend notwendige Operationen

→ Krankensammelstelle (Kriegslazarett) oder Feldlazarett (bis zu mehrere hundert Kilimeter von der Front entfernt)

      – Sammlung und Sortierung der Verwundeten, später auch lebensrettende Operationen

→ Reservelazarett (außerhalb des Kriegsgebietes, in der Heimat)

Habt ihr noch Fragen? Verratet sie uns gern in den Kommentaren und schreibt uns, ob ihr diese Erläuterungen zum Roman »Hanna« hilfreich findet.

Wir freuen uns auch sehr über Vorschläge, welche Begriffe oder Themen aus unseren Romanen wir euch noch näher erklären dürfen. Daraus entstehen dann mit der Zeit weitere Blogbeiträge für euch.

 

Vielen Dank fürs Lesen!

Herzliche Grüße

Sandra Jungen

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